Manchmal kommt zuerst ein Anruf von dem zuständigen Amt für Lebensmittelüberwachung, dann folgt eine Email oder ein Fax. Bei einem Kunden wurden von den Behörden Proben Ihres Produktes gezogen. Untersucht und für schlecht befunden. Im Anschreiben der lapidare Satz „Ich möchte Sie bitten, zu dem Vorgang Stellung zu nehmen“ begleitet von einer Fristsetzung. Jetzt heißt es: tief durchatmen und methodisch vorgehen! Hier erhalten Sie Tipps zum Umgang mit Behörden bei behördlichen Beanstandungen und erfahren Sie, warum es sich lohnt jetzt einen kühlen Kopf zu behalten….
Welche Unterlagen wurden Ihnen vorgelegt?
Der Vollständigkeitsscheck ist der erste Schritt für eine gute Verteidigung. Meist gehören zu den von den Behörden übermittelten Papieren ein Probenahme-Protokoll, ein Gutachten mit Analyseergebnissen und Beurteilung, der Lieferschein Ihres Hauses an den Kunden und eine Fotografie der beanstandeten Packung. Haben Sie alles erhalten? Na, dann ab in die Prüfung.
Seien Sie misstrauisch beim Probenahmeprotokoll
Lebensmittelüberwachung ist in Deutschland Ländersache – deshalb können hier die Probenprotokolle je nach Bundesland anders aussehen. Das Probenprotokoll ist jedoch immer ein Vordruck, auf dem vermerkt sein muss „Probenahme nach § 43 LFGB zur Untersuchung und Begutachtung“ und Hinweise darauf, wer wann wie viel eines Produktes gezogen hat und mit welchem Untersuchungsziel.
Plausibilitäts-Check
• Handelt es sich bei dem Betrieb, bei dem die Proben gezogen
wurden, tatsächlich um Ihren Kunden?
• Oder handelt es sich um den Kunden Ihres Kunden?
• Welche Abpackung wurde beprobt?
(Ihre Verpackung oder die des Kunden?)
• Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum noch aktuell?
• Stimmen Chargenbezeichnung/nummer ?
Die Beantwortung dieser Fragen kann Aufschluss darüber geben, ob zwischen dem Eintreffen Ihrer Ware beim Kunden und der amtlichen Probenziehung weitere Prozessschritte vorgenommen worden sind, die ursächlich für die Qualitäts-Beanstandung der Behörde waren. Handelt es sich z.B. um von Ihren Kunden abgepackte Ware, die verschimmelt im Einzelhandel angetroffen wurde, kann es sein dass die Abpack- Bedingungen nicht hygienisch einwandfrei waren
Jeder Produktionsschritt bei Ihrem Kunden birgt außerdem das Risiko einer Verwechselung des Lieferanten. Vergleichen Sie deshalb genau Probe-Ziehungsdatum und Ihr Lieferdatum.
Achten Sie deshalb ganz genau auf die Bezeichnung der Probe bzw. auf das Feld „woraus ergibt sich die Bezeichnung der Probe“ und vergleichen Sie dieses Feld mit der Fotokopie der Packung, die mit eingereicht wurde. Ist das Produkt zum Zeitpunkt der Probenziehung noch innerhalb seiner Restlaufzeit?
Natürlich muss die Probemenge, die genommen wurde, auf dem Protokoll angegeben werden. War diese repräsentativ und ausreichend für eine Beurteilung? Bitte achten Sie darauf, dass eine Probe nur repräsentativ ist, wenn nach amtlichem Probe-Nameschlüssel gezogen wurde. Der variiert von Bundesland zu Bundesland. Am besten fragen Sie hier bei der Behörde direkt nach.
Wurde auf dem Protokoll von einer verantwortlichen Person im Betrieb bestätigt, dass eine zweite Gegenprobe im überprüften Betrieb hinterlassen worden ist? Das ist im Streitfall sehr wichtig, denn nur mit dieser Gegenprobe kann später eine zweite Untersuchung veranlasst werden.
Achten Sie darauf, dass der Name des Probenehmers genannt wird und die Versandart der Erstprobe zum analysierenden Labor. Nur dann können Sie davon ausgehen, dass das Protokoll vollständig ausgefüllt wurde.
Informieren Sie Ihren Lieferanten
An dieser Stelle sollten Sie rechtzeitig Ihren Lieferanten – wenn er aus Europa kommt – zur Hilfe holen und ihn über den Vorfall informieren. Schicken Sie ihm die Unterlagen, damit er mit Ihnen gemeinsam wichtige Punkte für Ihre Stellungnahme gegenüber den Behörden sammeln kann. AKO The Spice Company! verfügt über eine Reihe von Untersuchungen, die Ihnen vielleicht schon jetzt nützlich sein können. Denken Sie daran: nicht alle Behörden sind auf Gewürze spezialisiert und auch hier kann es zu Fehlern kommen.
Die Prüfung des Analyseprotokolls
Wann wurde welche Ware gezogen und wann wurde die Analyse durchgeführt? Liegen zwischen der Warenverprobung und den Analysedaten mehr als vier Wochen, kann das Ergebnis nicht mehr aussagefähig sein.
Ist das analysierende Labor für diese spezielle Untersuchung akkreditiert? Ein Blick ins Internet gibt hier schnell eine Antwort. Bei nicht akkreditierten Laboren haben Sie die Möglichkeit, die Analyseergebnisse anzuzweifeln.
Stimmen Verpackung und Kennzeichnung der eingesandten Probe mit den Angaben auf dem Probeprotokoll überein? Auch hier kann es zu Verwechselungen kommen.
Analysedaten können grundsätzlich angezweifelt werden, wenn die Methoden nicht anerkannt sind. Die Zulässigkeit der Methodik können Sie in der zugehörigen Norm nachlesen.
Jetzt beginnt für Sie die Sisyphos-Arbeit, denn jetzt gilt es tief in die Beurteilung der Probe und den dazugehörigen Normen einzutauchen. Ein wahrer Freudentaumel muss bei Ihnen eintreten, wenn sich das Labor dazu herablässt eine Beurteilung abzugeben, in der eine Abweichung nach geltender Verkehrsauffassung herangezogen wird. Die geltende Verkehrsauffassung ist ein dehnbarer Begriff.
Am Anfang: Literaturarbeit
Suchen Sie im Vorfeld Argumentationsleitlinien in der Literatur, damit Sie besser argumentieren können:
z.B. an
– DGHM -Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Medizin- für Mikrobiologie
– Codex Alimentarius
– Quantita Minima Dokumente der European Spice Association mit Anhängen
– Leitsätze für Gewürze des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft)
– Handbuch „Aromen und Gewürze“
– die Basis VO EU( 178/2002 und die daraus folgenden Einzel-Verordnungen
Unser Tipp: legen Sie sich vorsorglich diese Literaturverzeichnisse an, damit Sie im Falle einer Beanstandung nicht unnötig Zeit verlieren.
Die Untersuchung der Rückstellprobe
Ihr Kunde hat ein Mischprodukt von Ihnen erhalten: dann müssen Sie sich jetzt sputen und sofort alle vorliegenden Informationen und Analysen zu den Inhaltsstoffen prüfen. Diese Unterlagen sollten sie jetzt griffbereit haben.
In jedem Fall von Vorteil: lassen Sie Ihr Rückstellmuster der Fertigware überprüfen. Meist akzeptieren die Behörden keine Analysen des hauseigenen Labore, deshalb sparen Sie Zeit, wenn Sie Ihr Rückstellmuster sofort an ein akkreditiertes Labor mit einem Sachverständigen schicken.
Fordern Sie außerdem das bei Ihrem Kunden hinterlassene, versiegelte Rückstellmuster an und schicken Sie es ebenfalls zur Analyse an ein akkreditiertes Labor mit Sachverständigen, der Ihnen hierzu ein Gutachten ausstellen soll. Klären Sie hier im Vorfeld mit Ihrer Behörde ab, ob Labor und Sachverständige anerkannt sind und das amtliche Siegel entfernen dürfen!
Weil diese Untersuchung erfahrungsmäßig länger dauern können, als der behördlich geforderte Stellungnahme Termin, sollten Sie gleichzeitig vorsorglich um eine Fristverlängerung bitten.
Stellungnahme gegenüber der Behörde
Ihre Stellungnahme sollte sachlich und informativ gestaltet sein.
Führen Sie Ihre Prüfungsparameter auf. Stellen Sie in Frage, was Ihnen bei der Prüfung des Protokolls und des Gutachtens (samt Laborparameter und Beurteilung) aufgefallen ist. Unser Tipp: stellen Sie „Verkehrsauffassung“ in Frage und überzeugen Sie durch weitere Fachquellen (siehe oben).
Letztlich hilft auch der Verweis auf die Untersuchungsergebnisse der eigenen Nachuntersuchungen.
Bitte beachten Sie, dass eine gute Verbindung zu den Aufsichtsbehörden auch für die Zukunft wichtig sein kann. Es lohnt sich also in jedem Falle, die Angelegenheit pragmatisch anzugehen und nicht persönlich zu nehmen. Zeigen Sie lieber Professionalität und Sachkompetenz und punkten Sie so bei Ihren Behörden. Auch lohnt es sich, außerhalb von Krisenzeiten ein gutes Verhältnis zu den Behörden zu haben. Nutzen Sie daher jede Gelegenheit, um den Kontakt auszubauen und ein persönliches Facing zu betreiben.
Sollten Sie Fragen haben, wenden Sie sich gern an uns.
(Alle Angaben basieren auf eigenen Erfahrungen und Ansichten und sind ohne Obligo)