Der zweitgrößte Kontinent wird nicht mehr belächelt. Viele Länder Afrikas erleben derzeit einen Aufschwung. Zehn afrikanische Länder, darunter Süd-Afrika, Nigeria und Ghana, gehören  zu den zwölf wachstumstärksten Ländern der Welt. Viele Länder haben in den vergangenen Jahrzehnten in Afrika investiert, allen voran die Chinesen. Auf der Suche nach Ressourcen. Zahlen sich die Investitionen jetzt aus? Ist Afrika heute schon der Ursprung für Lebensmittel von morgen? Die Geschichte einer europäischen Handelsmission in Tansania in Sachen Kräuter & Gewürze.

 

Genau das wollen wir wissen. Zweiundzwanzig Teilnehmer der „Spices & Herbs Trade Mission“ aus 12 europäischen Gewürzunternehmen in sieben Ländern.   Unsere Mission: Tansania entdecken, denn dieses Land gilt als eines der stabilsten Länder Afrikas.  Kann Tansania  zuverlässig, in ausreichender Menge und guter Qualität Gewürze anbauen und nach Europa exportieren? Mehr als 1.500 km werden wir in einer Woche zurücklegen: von Sansibar mit der Fähre nach Dar es salam, einem Botschaftsbesuch und Matchmaking, mit Reisebussen werden wir quer durchs Land fahren bis rauf zum Kilimandscharo im Norden Tansanias. Auf den Weg zu Bergbauern, Kleinplantagen und Kooperativen.

Unser Veranstalter ist die niederländische  Handelskooperation NABC (Netherlands African Business Council). Ein Netzwerk mit 400 Mitglieds-firmen, NGos (Non-Governmental Organisation), holländischen und afrikanischen Behörden. Die NABC organisiert verschiedene Delegationsreisen nach Afrika. Ziel: Entwicklungshilfe aktiv in Handelshilfe umzufunktionieren und so eine win-win-situation für Entwicklungs- und Importland zu schaffen.

 

Reiseroute

 

 

Gewürze aus Tansania

Tansania besitzt optimale klimatische Bedingungen (tropisches Klima, Luftfeuchtigkeit, Höhe etc.) für den Anbau von Nelken, Pfeffer, Ingwer, Kardamom, Zimt und Chilis. Schon 2014 belegt dies eine   Machbarkeits-Studie des ITC   (The International Trade Center), einem Zusammenschluß der Vereinten Nationen und der World Trade Organisation.

Die Autoren der Studie, Professor Amerer von der SOKOINE Universität Morogoro/Tansania und Willem van Noort, holländischer Gewürzfachmann, schätzten das vorhandene Produktionsvolumen der sechs Hauptgewürze schon 2014 auf 25.000 mt.

 

Während auf der Insel Sansibar ein großer Teil nur über eine staatliche Organisation verkauft werden kann, produzieren auf dem Tansanianischen Festland die Bauern und Kooperativen  für die ostafrikanischen Nachbarländer und in den COMESA Block (Zambia, Zimbabwe, Kongo, Süd-Afrika).  Dabei sind die Abhängigkeiten von den afrikanischen Aufkäufern groß und die Preise für Gewürze niedrig.

 

Sansibar & der Staatliche Handel

Die „Gewürzinsel Sansibar“ war der Umschlagplatz für portugiesische und später auch für arabische Gewürzhändler. Seit 1964 gehört Sansibar zu Tanganjika, und aus Tan…..und Sansibar wurde der Staat TANSANIA.

Die Gewürzgärten Sansibars liegen nördlich der Hauptstadt Stone Town. Das Eigentum am Grund und Boden hat der Staat, bewirtschaftet werden die Gärten von Dorfbewohnern. Nelken aus Sansibar sind berühmt.

 

Zanzibar State Trading Cooperation

Aber leider ist der Handel monopolisiert durch die „Zanzibar State Trade Cooperation“- dem einzigen Kollektor und Exporteur. Die Hauptmenge wird nach Indien verkauft, für europäische Händler ist es fast ganz ausgeschlossen Nelken aus Sansibar zu kaufen.

Ingwer, Pfeffer, Kardamom, Vanille oder Zitronengras, unterliegen keinem staatlichen Monopol und werden frei gehandelt, aber leider in viel zu kleinen Mengen.

Nur ein weiterer Anbieter auf Sansibar, eine Cooperative aus 40 Bauern, mit durchschnittlich 3 a (1a = 100m²), exportiert BIO Gewürze (Lacon-Bio Zertifizert). Die Cooperative hat einen Kunden in Europa, der  mengenmäßig schon nicht ausreichend bedient werden kann.

 

Match-Making in der niederländischen Botschaft von Dar es Salam

Die Niederländer bemühen sich sehr um Wirtschaftsanbahnungen und organisierten deshalb einen Empfang im niederländischen Botschaftsgebäude, ein Ereignis mit Presse und Fernsehen. Anschließen fand ein Match-Making statt:  Großbauern und die Europäischen Gewürzimporteure hatten die Gelegenheit, sich kennenzulernen.  Eine sinnvolle Veranstaltung.

Unser Fazit daraus: viele Dinge sind den Tansaniern nicht bekannt. Was ist ein Kontrakt und warum ist ein Kontrakt eine beiderseitige Verpflichtung?

 

Matchmaking

Welches sind die gängigen Qualitätseinteilungen, welche Lieferbedingungen gibt es, wie kalkuliert man einen Preis auf FOB Basis, wie lange hat man als Exporteur Zeit nach Bestellung Ware zu sammeln, welche Papiere braucht man um aus Tansania heraus zu exportieren und wie eröffnet man ein US Dollar Konto?

 

 

 

Im „Land der hohen Berge“

Wir fahren in das Uluguru Gebirge, „dem Land der hohen Berge“, 150 km Nord-westlich von Daressalam. Die dortige Kooperative betreut 16.000 Kleinbauern in 4 Bergdörfern rund um das sehr weitverzweigte Uluguru Gebirge. Die geplante Ausbringungsmengen 2016: 1.500 to Pfeffer, 1.200 to Nelken und 4.150 to Zimt.
Mit unseren Bussen fahren wir von der Kleinstadt zu einem lokalen Sammelplatz der Berg-Bauern: hier verkaufen sie Gewürze und können mit dem verdienten Geld gleich Waren des täglichen Bedarfs auf dem Markt einkaufen, bevor sie zurück in ihre Bergdörfer fahren.

Mount Uluguru

Eigentlich wäre hier unsere Delegationsreise in das Bergbauern Gebiet zu Ende: denn die Straßen zu den Bergbauern sind eng und steinig. Kein Auto, kein Bus kommt von hier aus weiter in die Berge. Nur Motorräder schaffen den Anstieg. Und so führt uns unsere Mission auf den Gepäckträgern unserer Bergbauern die Berge hoch – zu den Bergdörfern. Knapp 1,5 h in einer Richtung: über bucklige, steinige Pisten. Eine wunderschöne Strecke über die Bergrücken des Uluguru Gebirges.

 

Unsere Fahrer

Unser Bergdorf ist stolz auf seine Gewürze. Wildwachsender Zimt, Nelken, Pfeffer an wildwachsenden Mutterbäumen angepflanzt, Kardamom-Anpflanzungen. Die Gewürzpflanzen wuchern hier auf den Bergkämmen. Sie sind nicht gepflegt, nicht zurechtgestutzt und wachsen breit bzw. hochausladend. Alte neben jüngeren Pflanzen, kaum noch tragende, neben reichlich bestückten Pflanzen – wie schade. Hier kann nur mühsam der Natur etwas abgerungen werden. Effektivität sieht anders aus!

 

I am Obama!

Die Dorfbewohner begrüßen uns an ihrem Sammelplatz. Es sind  die Männer des Dorfes mit ihren Kindern. Sie sitzen geduldig im Halbkreis und warten. Unser Übersetzer stellt uns kurz vor, beschreibt aus welchen Ländern wir kommen.

Als Ryan, unser Amerikaner an der Reihe ist, geht ein Raunen durch die Reihen. Ryan stellt klar: No, I am not Trump! I am Obama! Die Bauern lachen, denn Ryan ist weiß.

 

Versammlung der Bauern

Es dauert ein bisschen, bevor ein erster sich traut Fragen zu stellen. Der älteste der Dorfgemeinschaft. Er spricht  in einer Sprache, die wir nicht verstehen, er gestikuliert und sucht dabei mit den Augen nach dem Ältesten  unserer Gruppe. Paul ist zwar nicht der älteste, aber er beantwortet freiwillig die Fragen, die der Übersetzer an uns stellt in unserem Namen.  Ob wir auch getrocknetes Kokosnussmark kaufen wollten, wie der Preis sich für Zimt entwickeln würden, wie mehr geerntet werden könnte……und das wir bitte eine Straße für sie bauen sollen. Wie bitte?

 

Ingwer aus Same

332 km und 8 Stunden weiter nord-östlich: das Hauptanbaugebiet für Ingwer. Unser Fahrer bereitet uns auf eine schwere Geduldsprobe vor: denn wieder geht es in die Berge. Diesmal allerdings in zwei kleinen wendigen Reisebussen. Staubige rote Straßen, rumpelige Wege. 60 Kilometer – 4 Stunden………

Mehr dazu in unserem Bericht INGWER….

 

 Kardamom aus Moshi

Wir besuchen weitere Bauern, darunter Bergbauern die ausschließlich Pfeffer anbauen und einem (sehr guten) Bio-Verarbeiter. Am eindrucksvollsten aber unsere Kardamom-Initiative in Moshi.

Mehr dazu in unserem Bericht Kardamom…

 

Herausforderungen

Auf unserer Reise quer durch Tansania haben wir „Wald“ bauern mit subsidiärer Landwirtschaft kennengelernt, Kleinbauern die sich ausschließlich mit Pfeffer beschäftigt haben, BIO-Verarbeiter in Bergdörfern besucht, haben Hilfsorganisationen kennengelernt. Wir durften Ingwer Plantagen besuchen und Ingwer Verarbeiter, genauso wie eine Kardamom Kooperative.

Das größte   Problem: die Produktionsmengen in Tansania sind noch zu klein. Die Kleinbauern ernten wildwachsende Gewürze als Nebenerwerb. Da wo es Plantagen gibt, fehlt Know-How, wie die Ausbringungsmenge gesteigert werden kann. Die Bauern könnten wesentlich mehr Einkommen generieren, wenn vor Ort schon eine Vorselektion ihrer Produkte erfolgen würde. Vorgereinigt und sortiert können bessere Preise am Markt erzielt werden.

Auch ein Problem: die Infrastruktur. Unzugängliche Berggegenden machen die Bauern abhängig von den Aufkäufern, die mobil sind. Zwischenhändler diktieren die Preise. Denn die Bauern wissen nichts von Weltmarktpreisen.

Wir sind auf unserer Mission auf Entwicklungshilfe Projekte für Kooperativen gestoßen, die seit zwei oder drei Jahren ausgelaufen waren. Den Kooperativen waren Gebäude und Maschinen finanziert und eingerichtet worden. Heute aber nach Auslaufen der Projekte, weiß kaum jemand vor Ort, wie diese Anlagen gewartet und instandgehalten werden können. Die Maschinen verrotten, bevor sie richtig genutzt werden. Muss Entwicklungshilfe anders geleistet werden als bisher?

 

Hakuna Matate
Das ist Swahili und meint, eigentlich ist ja alles in bester Ordnung! Eigentlich. Denn Menschen leben in unglaublicher Armut. In den Augen der Tansanier, sind Europäer unermeßlich reich. So bewiesen auf unserem Meeting mit den Dorfmitgliedern im Uluguru Gebiet, als wir gebeten wurden eine Straße zu bauen.
Inzwischen fließen jährlich mehr als 50 Mrd. EURO staatlicher Entwicklungshilfe nach Afrika. Es gibt Schulen und Bildungsprogramme, Elektrizität und teilweise sehr gute Kommunikationsmöglichkeiten. Obwohl Bodenschätze vorhanden und das Klima für Landwirtschaft günstig ist, stockt der ökonomische Fortschritt. Nur wenige Firmen engagieren sich in Afrika. Der Anteil Afrikas am deutschen Außenhandel betrug 2014 gerade einmal 2 %, obwohl Tansania bis 1918 deutsche Kolonie war. Woran liegt das?Eine These sagt, das läge an der mittelständischen Struktur der Unternehmen, die in Afrika gegen Multis und Staatskonglomerate, wie China, antreten. Aber Fehlinvestitionen lassen sich vom Mittelstand weniger gut abfedern. Es fehlt auch an einer wettbewerbsfähigen Risikoabdeckung für Investitionen, Projektentwicklung und Investitionen.

Seit Dezember 2016 gibt es jetzt mit dem neuen Marshall-Plan des deutschen Entwicklungshilfeministers Müller für Afrika, Hoffnung: Denn reformbereite Staaten sollen mehr Geld für Entwicklungshilfe bekommen. Das Schlüsselwort hierzu lautet „Konditionierung“, d.h. Geld gibt es nur unter nachprüfbaren Bedingungen, um Korruption entgegenzuwirken.
Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Gabriel ist aktiv und verspricht eine engere Kooperation seiner Außenwirtschaftspolitik mit der Entwicklungshilfepolitik: konkret sollen die Bundesgarantien für Exporte und Investitionen ausgeweitet werden. Hermes Bürgschaften, die es bereits für neun afrikanische Staaten, darunter Nigeria, Ghana, Tansania, Senegal und Ruanda gibt, sind erst der Anfang. Der Investitionsbedarf in Afrika ist enorm, deshalb will Gabriel mit Müller zusammen bei Finanzminister Schäuble darum werben, daß Investitionen in Afrika in Zukunft für deutsche Investoren mit Steuererleichterungen vor sich gehen. Das wäre ein Möglichkeit, mehr europäische Investoren in das Land zu bekommen und die Projekte, die in ihrer Entwicklung stehen geblieben sind, wieder voranzutreibe
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