Ni hao heisst „Guten Tag“ und wird in China gern als freundliche Begrüßung genommen. Während unserer Audit Reise durch China, dem Land aus dem wir viele Gewürze, wie zum Beispiel Chili, Paprika und Knoblauch bekommen, sind wir oft und sehr freundlich von unseren Lieferanten und von potentiellen neuen Lieferanten so empfangen worden. 10 Audits in neun Tagen, quer durch die Provinzen Henan und Shandong, 2.200 km mit dem Auto, Zug und mit dem Flugzeug. Wir haben viel gelernt. Erfahren Sie hier mehr über unsere Erfahrungen in einem Land, das so groß ist wie Europa.
Eines vorab: wer heute noch glaubt, China ist ein armes Entwicklungsland, der unterschätzt dieses Land und seine Einwohner. Die Einstufung als Dritte Welt Land ist zwar laut Weltbank immer noch formell korrekt, aber vor allem deshalb, weil hier das durchschnittliche jährliche Einkommen mit ca. 7400 EUR p/a (2016) im Vergleich zu anderen Ländern gering ist.
Seit den 1978 eingeleiteten Marktreformen hat sich China von einer zentralen Planwirtschaft zu einer marktbasierenden Volkswirtschaft entwickelt. Mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von über 9 % ist China heute nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der 13te Fünfjahresplan (2016-2020) sieht neben Umweltprogrammen gewaltige Bauvorhaben vor, die den Menschen aus ländlichen Gebieten in den Städten Wohnraum bieten soll. Wie chinesische Pilze werden Hochhäuser in den Städten aus dem Boden gestampft, gleich mehrere Häuser gleichzeitig. Überall große Bauwerke, neue Stadtbezirke, Schnellbahnen, Straßen und Staudämme, überall Kräne für neue Projekte. Ein Stockwerk in zwei Tagen ist die Devise!
So wie der neue Stadtbezirk Jiazhou, dem Ausgangspunkt unserer Reise. Diesen Bezirk gab es vor einigen Jahren noch gar nicht – heute stehen hier viele Hochhäuser mit Hotels, Banken, Büros und Wohnungen. Nur eine halbe Stunde entfernt: Qingdao, Chinas fünftgrößter Hafen und Tor zur Welt. Hier werden die Container mit Knoblauch, Chilis und Paprika verladen.
Paprika aus China
China produziert hährlich 140.000 mt (=75 %) der weltweiten Anbaumenge und ist damit der größte Paprikalieferant. Paprika wird vorwiegend im Westen Chinas (Provinz Xinjiang) angebaut, aber im Osten (Qingdao) weiterverarbeitet und verladen. Wir besuchen Paprika Produzenten in Qingdao. Es sind große und neue Betriebe mit riesigen Betriebsgeländen von 30 – 50.000 m². Die Grundstücke sind den Produzenten vom chinesischen Staat kostenlos zur Verfügung gestellt worden, Firmen-Neugründungen profitieren von einer dreijährigen Steuerbefreiung. Das erklärt auch, warum es in China viele Neugründungen gibt, oder unter einem Firmennamen mehrere kleinere Firmen auftauchen können.
Die Produktion von Chili und Paprika ist ähnlich: die Ware wird gewaschen, gecrackt, gemahlen und gesiebt. Einige Lieferanten verfügen über eine Micro Wellen Anlage, in der gemahlener Chili auf 80 ° Celsius erhitzt wird. Nur wenige Lieferanten haben eine Keim-Reduktionsanlage mit Dampf. Aber alle Lieferanten haben Metalldetektoren, Magnete, Siebe.
Unsere Anbieter sind ausnahmslos zertifiziert, häufig gleich mehrfach. Der Standard ist hoch und für ein Produktionsaudit braucht es für Besucher sehr lang, um die gewünschte Hygienekleidung vollständig anzulegen. Staub- und Hygieneschleusen sind Standard, Kopfbedeckung, Kittel, Mundschutz und Überschuhe auch.
Alle Anbieter haben ein eigenes, modernes Labor.
Von Qingdao nach Zhengzhou
Weiter geht es mit einem Inlandsflug der Shandong Airlines in die Provinz Henan. Die schnellste Art, die knapp 750 km von Qingdao aus zu überbrücken. Von hier aus fahren wir gemeinsam mit dem Auto weiter nach Knoblauch-City!
Knoblauch-City
Hohe Umweltauflagen der chinesischen Regierung haben in den vergangenen Jahren eine radikale Veränderung der Knoblauch-Handelsstruktur mit sich gebracht: weil während der Verarbeitung von frischem Knoblauch zu getrockneten Knoblauchprodukten etwa 10 Liter Wasser auf ein Kilogramm Frisch-Knoblauch verbraucht wird, bekamen die Verarbeiter hohe Umweltauflagen und mussten eigene Wasseraufbereitungsanlagen bauen. Viele Firmen konnten dies nicht mehr leisten und kaufen seitdem die gewaschenen und getrockneten Rohprodukte (Knoblauch-Flakes) von Dienstleistern hinzu.
Hier in „Garlic City“ sitzen einige dieser Trocknungsfirmen. Die Bauern liefern in der Stadt ihre frischen, gesackten Knoblauchknollen bei Händlern an, die die Ware auf Produktionspaletten für die Trocknungsfirmen umladen und zur nahen Trocknungsfabrik fahren.
Schälen, schneiden, waschen: Start der Knoblauchproduktion
Hier werden die Knoblauchzehen gewaschen, in Scheiben geschnitten und von den vielen Häutchen und Wurzelstückchen befreit. Das alles passiert vollautomatisch, über lange (laute) Produktionsstraßen.
Die Trocknung der Knoblauchscheiben erfolgt in Bandtrocknern: das sind große Trockenschränke, die als geschlossene Systeme die Knoblauchscheiben zu Knoblauch Flocken (Flakes) mit einer Restfeuchte von 7,5 % herunter trocknen. Am Ende werden die Flakes verpackt und an die Verarbeiter für Knoblauchgranulat und –pulver weiterverkauft. Wichtig und beruhigend für uns: trotz des aufgrund von Umweltauflagen ausgelagerten Prozesses ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bei dieser Firma möglich. Waschen und Trocknen sind zertifizierte Prozesse und machten einen sehr guten und sauberen Eindruck.
Von Knoblauchgranulaten und Pulvern
Wieder eine neue Firma – wieder ein riesiges Gelände mit modernster Verarbeitung. Die angelieferten Knoblauchflakes werden hier zu Knoblauchgranulat und als feinste Stufe – zu Knoblauchpulver vermahlen. Moderne Edelstahlanlagen, vollautomatische Prozesse. Farbausleser, Magneten, Metalldetektoren und Siebe. Alles vom Feinsten. Wir machen über Stunden intensive Audits – und finden trotz eingehender Suche – nichts, was uns beunruhigen kann.
Es sind meistens Familienunternehmen. Die Gründer entweder Intellektuelle mit sehr guten Beziehungen oder reich gewordene Bauern, die sich hochgearbeitet haben. Diese Generation ist heute „Golden Ager“, kurz vor dem Ruhestand. In der Warteposition oder schon nachgerückt: die zweite Generation. Die Söhne der staatlich angeordneten Ein-Kind-Ehe, „kleine Kaiser“, und Hoffnungsträger der Familie stehen heute unter enormen Erfolgsdruck. Diese Generation sucht nach Selbstverwirklichung. Die Töchter oder Schwiegertöchter sind hingegen gut ausgebildet, sprachen-affin, weltoffen, sie schaffen den Zugang zu den westlichen Kunden. Sie verstehen eher die Anforderungen an Qualität, Lebensmittelsicherheit und an die europäischen Gesetze. Und sie können diese Anforderungen an die Mitarbeiter weitergeben und ihnen so beibringen, was die europäischen Kunden erwarten.
Auch BIO kann chinesisch
Unsere letzte Etappe führt uns zu einem der ersten BIO-Gewürzproduzenten in China. Schon 1992 hatte der Gründer ein Händchen für gesunde BIO Ware. Vielleicht auch, weil er eine besondere Nähe zu dem japanischen Markt mit den hohen Anforderungen an gesunde Produkte hatte. Heute jedenfalls hat er sowohl Vertragsbauern, als auch eine eigene Produktion für BIO Knoblauch, BIO Chilis und BIO Paprika Produkte. Sauber, modern. Zertifiziert nach EU BIO VO, HACCP und BRC. Was will das Herz mehr?
Das Audit endete mit einem Triple „A“ und unsere Lieferantenbewertung fiel sehr gut aus. Wir freuen uns, hier – wenn der Preis stimmt – vielleicht eine weitere Option BIO-Produkte zu haben.
9 Tage, 2.200 km und 10 Audits später, ist es Zeit uns von China zu verabschieden. Lange Fahrten und Produktionsaudits bei mehr als 35 °Celsius Umgebungstemperatur können bisweilen sehr anstrengend sein und eine lange Rückreise nach Europa steht an. Ich bin ein wenig traurig mich von China zu verabschieden, denn es gibt noch so viel hier zu entdecken. Aber ich weiß, China hat heute einen sehr hohen Standard und wird sich noch weiter entwickeln. Und wir – wir können uns beruhigt auf die Rückreise nach Europa machen!